Marceese – Have Love, Will Travel (2015)

Coverversionen sind ja so eine Sache. Im Falle des späten Johnny Cash mit seinen hervorragenden American Recordings schaffte es der Man in Black, den Songs eine ganz eigene Atmosphäre zu geben; ja, ihnen noch etwas hinzuzufügen – man denke nur an „Hurt“, von dem Trent Reznor sagt, Johnny Cash habe sich den Song so sehr zu eigen gemacht, er sei quasi nicht mehr sein eigener.

Heinos Schwarzen Enzian hingegen möchte man lieber nicht blühen sehen, bzw. hören.

marceeseDer Folk-Sänger Marceese, der sich in seinem letzten Album stark dem Americana-Sound verschrieben hatte, versucht sich am Frühwerk von Kiss aus den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts – und wer jetzt ein „I was made for loving you“ im Stil von Hellsongs erwartet, wird enttäuscht werden – was daran liegt, dass Kiss ihre großen Hits in den Achtzigern hatten.

Nur hier und da erkennt man ein Riff, wie z.B. „Plaster Caster“ – und dessen beschwingter Rhythmus macht dem Sänger und Gitarristen offensichtlich Spaß. Auch das darauf folgende „I Want You“ lebt von der treibenden Basslinie und wird von Marceese mit bekannter rauchiger, warmer Stimme vorgetragen. Das Gitarrenspiel ist tadellos – und das war es dann auch, bis auf gelegentliche Einsprengel einer stark verzerrten Gitarre z.B. Musik reduziert aufs äußerste Minimum, aber dass es sich für den Hörer lohnt, liegt am leidenschaftlichen Vortrag Marceeses.

So klingt gerade „Radioactive“ danach, als entstamme es einer amerikanischen Folkband aus den 50ern, und nicht von einer Glam-Rockband zwanzig Jahre später. Hier lässt Marceese auch ein kleines Bisschen Elvis in seinen Gesang einfließen.

„Got Love For Sale“ – aus dessen Refrain der Albumtitel stammt – geht treibend und dynamisch nach vorne und zeigt vielleicht am deutlichsten, warum diese Verbindung recht fruchtbar ist: das einfache Songwriting und die zurückhaltende, aber zweckdienliche Instrumentierung passen gut zusammen, ergänzt durch die prägnante Stimme des Sängers.

Etwas Hendrix darf bei dem Mann, der das Konterfei seines Helden auf der Gitarre hat, nicht fehlen, und so schreit der Gitarrensound bei „Dirty Livin'“ förmlich nach Hendrix.

Ein interessantes und gutes Coveralbum.

Hinweis: Dieses Album wurde mir dankenswerter Weise von timezone Records zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich gab es vom Label keinerlei Bedingungen, außer meine Meinung dazu kundzutun.

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