50 Shades of Schnee

Kein Schnee.
Graupel.
Schnee.

Schnee, der vielleicht fällt.
Schnee, der fällt.
Schnee, der schon liegt.
Schnee zweifelhafter Herkunft.

Schnee, der vielleicht fällt, aber weiterzieht.
Schnee, der vielleicht fällt und zu Schnee wird, der fällt.

Schnee, der in kleinen Flocken langsam rieselt.
Schnee, der in großen Flocken langsam fällt.
Schne, der aussieht, als würde er tanzen, während er fällt.
Schnee, der fällt, aber sofort schmilzt.
Schnee, der langsam alles bedeckt.
Schnee, der auf Schnee fällt, der bereits lag.
Schnee, der auf Zedern fällt.
Schnee, der auf andere Bäume fällt.
Schnee, der aus Bäumen fällt, weil man am Zweig gezogen hat.
Schnee, der einem in den Nacken fällt, weil man Schnee gemacht hat, der aus Bäumen fällt, weil man am Zweig gezogen hat.
Schnee, der auf ein ordentliches Gebüsch fällt (aber kein gebrauchtes!).
Schnee, der auf Schnee fällt, der schon lag, aber schon mal angeschmolzen war und wieder gefroren ist.

Schnee, der alles bedeckt wie Puderzucker.
Schnee, der aussieht, als hätte man das mit dem Puderzucker ernst gemeint.
Schnee, der aussieht, als sei langsam mal genug mit dem Pudezucker.
Schnee, den man nicht erwartet hat, der aber über Nacht gefallen ist und plötzlich alles bedeckt.
Schnee, den man nicht erwartet hat, der aber gefallen ist, während man drinnen war, nicht rausgeguckt hat und der plötzlich alles bedeckt.

Pulveriger Schnee, der liegenbleibt.
Klitschiger Schnee, der liegenbleibt.
Kitschiger Schnee, der liegenbleibt.

Schnee, der liegenbleibt, während man selber liegenbleibt.
Schnee, der noch nicht geräumt wurde.
Schnee, der geräumt wurde.
Schnee, den man vielleicht noch räumt.
Wenn er liegenbleibt.
Und man selber nicht.

Schnee mit Spuren drin.
Schnee mit Flecken drin.
Schnee, der für eine Schneeballschlacht benutzt wurde und auf dem Boden liegt.
Schnee, der für eine Schneeballschlacht benutzt wurde und überall schmilzt.

Schnee, den man so nicht erwartet hätte.

Schnee, den die Tourismusbetriebe erwarten, der aber nicht kommt und das Geschäft kaputt macht.
Schnee, den die Tourismusbetriebe nicht erwarten, der aber kommt und das Geschäft kaputt macht.
Schnee, der aus der Schneekanone kommt.
Schnee, der auf die Gulaschkanone fällt.
Schnee, der neben die Gulaschkanone fällt.
Vegetarischer Schnee, der nichts mit Gulasch zu tun hat.

Schnee, den man sehnsüchtig erwartet.
Schnee, über den man sich freut.
Schnee, an den man sich gewöhnt hat.
Schnee, der einem langsam egal wird.
Schnee, der einem auf den Zeiger geht.

Schnee, über den getwittert wird.
Schnee, über den getwittert wurde.
Schnee, von dem andere Twitterer vermuten, dass darüber getwittert wird.
Schnee, über den Twitterer sich aufregen, weil darüber getwittert wurde.
Schnee, über den trotzdem getwittert wird.
Schnee der instagramt wird.
Keine Ahnung, was sie bei Facebook mit Schnee machen.

So ist das Leben eben, manchmal muss es Schnee geben. (frei nach Seeed)

Staub und Wasser

In einer Wolke hoch oben im Himmel.

Aus eisigem Wind in perfekte, einzigartige Symmetrie geboren.

Entstanden aus einem Staubkorn vielleicht, und einem Tropfen Wasser.

Tanzt eine Schneeflocke.

Der Wind trägt sie mühelos, weht sie in verschiedene Richtungen.

Hoch, runter, hierhin, dorthin.

Überallhin;

am Ende jeder Spirale, jeden Loopings der Erde ein kleines Bisschen näher.

Es ist Nacht, und so kann man nicht viel erkennen.

Schemenhaft zeichnen sich Landstriche ab; die Städte sind hell erleuchtet.

Fast könnte man sich vorstellen, die Erde selber leuchtete.

Wie die Sonne.

Bedeckt von einem gigantischen Eispanzer, und dort, wo die Städte sind, bricht dieser Panzer auf.

Die Schneeflocke segelt weiter.

Hätte sie Augen, könnte sie einzelne Strukturen erkennen.

Straßen, die sich wie Gitter und Spinnweben durch die Flecken des Lichts ziehen.

Einzelne Stellen wie Parks oder Wiesen, über denen undurchdringliche Dunkelheit hängt.

Häuser, aus deren Schornsteinen Rauch quillt.

Die Schneeflocke tanzt jetzt wilder, umhergeschubst von den verschiedenen Strömungen, die an ihr zerren.

Turbulente Zeugen des Lebens in der Stadt.

Die Schneeflocke passiert unzählige Fenster.

Manche dunkel, andere hell erleuchtet.

Hinter jedem eine Geschichte.

Menschen, die sich unterhalten.

Die sich streiten.

Lieben.

Sich festhalten.

Spielen.

Schreien, schweigen, sterben.

Geboren werden.

Im Bett liegen, auf dem Sofa sitzen, am Fenster stehen.

Manche sehen die Schneeflocke.

Manche nicht.

Die Schneeflocke sieht sie alle auf ihrer Passage.

Der Boden kommt unweigerlich näher.

Ein letztes Mal dreht die Schneeflocke eine Schleife.

Und legt sich dann auf die Schneedecke, die den Boden bedeckt.

Eines Tages wird sie schmelzen.

Staub und Wasser.

Aus einer Wolke hoch oben im Himmel.

Fahrt

Du schaust aus dem Fenster.

Durch den vereisten Atem erkennst du schemenhaft das Draußen, Schnee und die Welt. Schwarz und Weiß, Kälte dort, Wärme hier, die Welt zieht vorbei und du ziehst der Welt vorbei.

Durch den kleinen Spalt ein Luftstrom. Du fröstelst, Gänsehaut. Süßlich brennendes Prickeln auf der Haut, Rückzug in dich selbst.

Die Unbekannte neben dir schläft, die Unbekannten vor dir diskutieren. Du verstehst die Bedeutung ihrer Worte; allein ein Sinn ergibt sich dir nicht. Ihre Unterhaltung scheint verschlüsselt, und doch ist es nur Allerweltsgeplänkel.

Es ist dunkel. Vereinzelt Lichter. Lange Streifen, die vorüberziehen: sie wollen alle in die andere Richtung. Autos sind mächtige, dunkle Wesen mit leuchtenden Augen, die dich suchen.

Das Radio plänkelt leise vor sich hin, auch dort eine unentwirrbare Diskussion. Das unmissverständliche Piepen des Telefons ist die einzige Kommunikation, die du verstehst: es hat Hunger, will aufgeladen werden.

Bist du der Welt fremd geworden?

Ist die Welt es, die sich dir entzieht?

Man redet mit dir.

Wie lange schon?

Dein Hirn strengt sich kurz an, übersetzt, findet eine kurze, prägnante und sogar humorvolle Antwort.

Zurück ans Fenster, und dann: das Radio. Es reicht dir eine Hand. Kalt zwar und nicht recht greifbar, und da ist es: das Lied, in dessen Welt du dich die ganze Zeit schon befunden hast.

 

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